Vorsorge, Prävention

Labordiagnostik in der Geriatrie

Viele Laborwerte in der Hämatologie, Klinischen Chemie, Endokrinologie und nicht zuletzt einige Tumormarker haben altersabhängige Referenzbereiche. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die Veränderungen im Alter geben. Da ältere Patienten oft mehrere Medikamente einnehmen, die renal ausgeschieden werden, gewinnt die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) für die Dosierung immer mehr an Bedeutung.

Einige Erkrankungen wie z.B. Paraproteinämien wie der M. Waldenström treten gehäuft im Alter aus. Zur Basisdiagnostik gehören deshalb Blutbild, Glukose, HbA1c, Kreatinin, Elektrophorese sowie die Elektrolyte zum Ausschluss einer Exsikkose und TSH bei Altersdepression. Zur Abklärung einer Osteoporose werden knochenspezifische Auf- und Abbaumarker bestimmt.
Bei der Erstellung von Norm- oder Referenzbereichen muss mit den entsprechenden statistischen Methoden eine Alters- und Geschlechtsabhängigkeit mit einer genügend umfangreichen Probandenzahl offensichtlich Gesunder überprüft werden, was für das fortgeschrittene Lebensalter oft schwierig ist. Die richtige Angabe altersspezifischer Bereiche, sofern vorhanden, ist auf den Laborbefunden nur möglich, wenn Alter und Geschlecht der Patienten auch angegeben werden. Generell  kann bei vielen Laborparametern nur eine regelrechte Verlaufskontrolle zur richtigen Beurteilung der individuellen Patentenwerte führen.

Hämatologische Erkrankungen im Alter

In der Hämatologie sollten meist sekundäre Störungen der Hämatopoese, bedingt durch einen Eisenmangel (Bestimmung von Ferritin!), Vitamin B6-, B12- oder Folsäuremangel abgeklärt werden. Die Retikulozytenzahl ist dabei ein Maß für die Effektivität der Erythropoese. Die Leukozytenzahl und das Diffentialblutbild geben Hinweise auf mögliche hämatologische Erkrankungen wie die im Alter häufiger auftretende chronische lymphatische Leukämie (CLL).

Relevanz der glomerulären Filtrationsrate (GFR)

Ältere multimorbide Patienten erhalten oft zahlreiche Medikamente, welche als Metabolite renal eliminiert werden. Die individuelle Dosierung und mögliche Wechselwirkungen sind deshalb von der Nierenfunktion und damit der glomerulären Filtrationsrate (GFR) abhängig. Zur Berechnung aus dem Kreatininwert im Serum allein oder zusammen mit Harnstoff und Albumin unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht wird bei Niereninsuffizienten meist die MDRD-Formel (Modification of Diet in Renal Disease) verwendet, welche an entsprechenden Kollektiv ermittelt wurde und im GFR-Bereich von 20-60 ml/min aussagekräftig ist. Für höhere GFR-Bereiche ist die CKD-EPI-Formel (Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration) besser geeignet. Sie berechnet sich aus Kreatinin oder Cystatin C im Serum sowie Alter und Geschlecht. Cystatin C korreliert dabei besser mit der GFR als Kreatinin, da es nicht von der Muskelmasse abhängt und nur glomerulär filtriert, aber nicht tubulär sezerniert wird. Altersabhängig besteht auch bei Gesunden ein jährlicher Abfall der GFR von ca. 0,5 ml/min. Der untere Referenzbereich beträgt bei 80-Jährigen ca. 50 ml/min. Das Serumkreatinin allein ist wenig aussagekräftig, da im Alter sowohl die Muskelmasse und damit die Bildung von Kreatinin als auch der renale Plasmafluss abnehmen. Eine akute oder chronische Niereninsuffizienz zeigt sich auch anhand erhöhter Kaliumkonzentrationen im Serum.

Tendenz klinisch-chemischer Parameter

Bei den weiteren klinisch-chemischen Parametern besteht im Alter folgende Tendenz:
– eine Zunahme der Enzyme Alkalische Phosphatase , a-Amylase, LDH sowie von Cholesterin, Glukose, Harnstoff, CRP, Fibrinogen und der BSG.
– Eine Abnahme von Calcium, Phosphat, Gesamteiweiß, Albumin (pro Jahr um ca. 0,5 g/dl), Immunglobulinen, Vitamin B12 und Folsäure sowie der Leukozyten- und Thrombozytenzahl. Entsprechend der Muskelmasse fällt besonders bei Männern die Aktivität der Creatinkinase (CK) ab.

Elektrolyte

Weitere wichtige klinisch-chemische Untersuchungen in der Geriatrie sind die Elektrolyte, vor allem erhöhte Natriumwerte bei Exsikkose. Zur Basisidiagnostik gehören auch Gesamteiweiß und die Serum-Elektrophorese, um sowohl eine Hypoproteinämie und Hypoalbuminämie als auch eine monoklonale Gammopathie auszuschließen. Eine Erkrankung des höheren Lebensalters ist z. B. der M. Waldenström, welcher mit einer deutlich erhöhten Blutsenkung sowie einer autoimmunhämolytischen Anämie aufgrund von Kälteagglutininen einhergehen kann. Ein Altersdiabetes sollte mittels Nüchternglukose und dem HbA1c-Wert als Langzeitparameter nicht übersehen werden.

Herzinsuffizienz

Bei einer Herzinsuffizienz werden infolge der ventrikulären Hypertrophie und des linksventrikulären Füllungsdruckes das B-Typ-natriuretische Peptid (BNP) und die biologisch inaktive Vorstufe NT-proBNP freigesetzt. Die Plasmakonzentration steigt altersabhängig mit dem Ausmaß der linksventrikulären Dysfunktion gemäß der New York Heart Association (NYHA)-Klassifikation an und dient auch zur Prognose bei akutem Koronarsyndrom. ProBNP hat den Vorteil, dass es nach der Blutentnahme bis 72 h bei Raumtemperatur stabil ist. Das Isoenzym CK-MB der Creatinkinase findet sich im Herzmuskel zu einem erhöhten Anteil von ca. 20 % und eignet sich deshalb für die Herzinfarkt-diagnostik. Manchmal zeigen ältere Patienten deutlich erhöhte CK-MB-Aktivitäten, teilweise höher als die Gesamt-CK. Dies kann durch die sogenannte Makro-CK als Bindung des Isoenzyms CK-BB an Immunglobuline vorgetäuscht sein und hat keine pathologische Bedeutung.

Herzinfarktdiagnostik

Bei einer Herzinsuffizienz werden infolge der ventrikulären Hypertrophie und des linksventrikulären Füllungsdruckes das B-Typ-natriuretische Peptid (BNP) und die biologisch inaktive Vorstufe NT-proBNP freigesetzt. Die Plasmakonzentration steigt altersabhängig mit dem Ausmaß der linksventrikulären Dysfunktion gemäß der New York Heart Association (NYHA)-Klassifikation an und dient auch zur Prognose bei akutem Koronarsyndrom. ProBNP hat den Vorteil, dass es nach der Blutentnahme bis 72 h bei Raumtemperatur stabil ist. Das Isoenzym CK-MB der Creatinkinase findet sich im Herzmuskel zu einem erhöhten Anteil von ca. 20 % und eignet sich deshalb für die Herzinfarkt-diagnostik. Manchmal zeigen ältere Patienten deutlich erhöhte CK-MB-Aktivitäten, teilweise höher als die Gesamt-CK. Dies kann durch die sogenannte Makro-CK als Bindung des Isoenzyms CK-BB an Immunglobuline vorgetäuscht sein und hat keine pathologische Bedeutung.

Osteoporose

Die erloschene Ovarfunktion in der Postmenopause führt zu einem Östrogenmangel (Östron und Östradiol) mit deutlichem Gonadotropinanstieg von LH und besonders FSH. Bei Männern besteht im Alter eine nachlassende Sprermiogenese und Spermienqualität, die Testosteronspiegel nähern sich dem unteren Referenzbereich. Östrogen- und Androgenmangel führen zur Osteoporose mit einem erhöhten Frakturrisiko, was durch Immobilität, Calcium- und Vitamin D-Mangel noch gesteigert wird. Zur Abklärung einer Osteoporose gehört außer der Knochendichtemessung die Bestimmung von Calcium, anorg. Phosphat, Parathormon, 25-Hydroxy-Vitamin D sowie der knochenspezifischen Alkalischen Phosphatase (BAP) und von Osteocalcin als Marker der Knochenbildung. Zur Knochen-resorption werden die amino- und carboxy-terminalen Telopeptide NTX, CTX (auch als ß-Crosslaps bezeichnet) und die Ausscheidung der (Desoxy-)Pyrodinoline im Morgenurin bestimmt.

Altershyperthyreose

Eine Altershyperthyreose kann die Ursache für depressive Verstimmungen, Gewichtsverlust und Herzrhythmusstörungen sein. Deshalb sollte TSH ggf. mit FT3 und FT4 zum Ausschluss einer Schild-drüsendysfunktion zur Basisdiagnostik gehören. Neurologische Symptome können bisweilen durch eine berufliche jahrelange Schwermetallbelastung z. B. mit Aluminium, Blei oder Quecksilber bedingt sein, was anamnestisch zu beachten ist. Eine inadäquate Diagnostik sollte jedoch vermieden werden.

Prostataspezifische Antigen (PSA)

Einige Tumormarker zeigen altersbedingt höhere Normwerte, vor allem das Prostataspezifische Antigen (PSA), aber auch abhängig vom Testverfahren, was bei Verlaufskontrollen zu berücksichtigen ist. Je nach Assay beträgt bei Gesamt-PSA die Referenzobergrenze 2,5 µg/l bis zum 50. Lebensjahr und steigt auf 6,5 µg/l bei über 70-Jährigen an.

Fazit

Zusammenfassend zeigt sich, dass für die Geriatrie oft entsprechende Referenzbereiche fehlen und zur Beurteilung der individuelle Verlauf maßgeblich ist. Bei Routineuntersuchungen sollte an die hier erwähnten altersspezifischen Erkrankungen gedacht werden.


Quellenangaben:

  1. Thomas L (2012) Kap. 12.2 Glomeruläre Filtrationsrate (GFR). In: Thomas L: Labor und Diagnose. 8. Aufl., S. 626-630. TH-Books Frankfurt/Main
  2. Galle J (2014) Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie zur Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate 10.04.2014
  3. Thomas L (2012) Kap. 12.4 Creatinin. In. Thomas L: Labor und Diagnose. 8. Aufl., S. 641. TH-Books Frankfurt/Main
  4. Thomas L (2012) Kap. 53.2 Analytik, analytische Beurteilung und klinische Bewertung von Laborbefunden. In. Thomas L: Labor und Diagnose. 8. Aufl., S. 2292. TH-Books Frankfurt/Main
  5. Thomas L, von Eckardstein A (2012) Kap. 2.8. B-Typ-natriuretisches Peptid (BNP) und aminoterminales proBNP (NT-proBNP). In: Thomas L: Labor und Diagnose. 8. Aufl., S. 173-182. TH-Books Frankfurt/Main
  6. Thomas L (2012) Kap. 6.1 Knochenstoffwechsel. In. Thomas L: Labor und Diagnose. 8. Aufl., S. 349-366. TH-Books Frankfurt/Main
  7. Semjonow A, Lamerz R (2012) Kap. 28.16 PSA (Prostata-spezifisches Antigen). In: Thomas L: Labor und Diagnose. 8. Aufl., S. 1688. TH-Books Frankfurt/Main

Ihr Ansprechpartner

Dr. Martin Hampel
news@limbachgruppe.com

 

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